Of Bikes and Men

manchmal, wenn ich mit dem rad zur s-bahn station am marktplatz fahre und versuche den letzten noch verbliebenen freien platz zu finden, wundere ich mich über die ganzen fahrräder die dort herumstehen und brav angekettet auf ihre fahrer warten. man muss dazu sagen, dass ein unitag bei mir oft erst mittags losgeht, es also kein wunder ist, dass schon alles belegt ist, bis ich da bin. für die meisten pendler beginnt der alltag ja ein wenig früher. und dann beginne ich mich zu fragen, was die wohl alle so treiben – fahrräder, sowie fahrradbesitzer. fahren die alle nach frankfurt? warum fahren sie mit dem fahrrad zur bahn? ist es weit? wurden sie schonmal geklaut? vielleicht ja schon öfter und dann weiterverkauft. und warum wurden sie wohl verlassen und wie lange stehn sie schon hier?
irgendwann macht die stadt dann eine notiz an diese verlassenen drahtesel, dass man sie demnächst entfernen wird….
und dann erkenne ich bestimmte fahrräder immer wieder. und sie stehen immer an einem anderen platz aber immer ungefähr in der gleichen ecke und ich denk mir ah gut, der mit dem türkisen hercules mit rundem, schwarzen korb ist auch wieder da. also geht es ihr oder ihm gut und sie oder er ist vermutlich gerade arbeiten …oder in der schule …oder studieren oder sonstwas…wer weiß.
und so entsteht ein minigefühl von vertrautheit. und wenn die fahrräder immer wiederkehren, dann ja vermutlich auch die dazugehörigen menschen. und ich wundere mich, wie vielen von ihnen ich bereits über den weg gelaufen bin ohne jemals eine verbindung herzustellen….

Die Schachmänner

Etwas schüchtern stehen wir einige Zeit am Rand des großen Spielfelds am Stadthof, direkt neben der Kirche und beobachten das Match, das gerade zwischen zwei Schachmännern am Laufen ist. Einmal brauchen die beiden fast 3 Minuten für einen Zug, ein anderes Mal folgen 5,6 Züge direkt aufeinander, sodass wir als Zuschauer (und mehr Schach-Bekannte als –Freunde) kaum folgen können.

Die beiden Spieler, ein arabisch wirkender und ein kleiner Asiate, sind vertieft in ihre Strategien, aber auch die zwei Hand voll Männer, die sich auf den Bänken rund um das Schwarz-Weiss-Feld niedergelassen haben, verfolgen jeden Zug. Anders als wir sind sie keine stummen Betrachter – immer wieder kommentieren Sie die Entscheidungen der Spieler, lachen manchmal etwas hämisch oder rufen Vorschläge rein. Mit der Zeit scheinen wir für die Schachmänner sichtbar zu werden, denn immer mal wieder lösen sie ihre Blicke vom Feld und schauen uns an. Durch unser langes Ausharren fallen wir wohl aus dem Raster der sonstigen Passanten, die dem Spiel der Könige nur einen kleinen Seitenblick schenken während sie vorbeihetzen. Schach matt. Aus heiterem Himmel ist die Runde beendet, die Gegner geben sich die Hände. Anscheinend hat der Asiate verloren. Er schüttelt immer wieder enttäuscht den Kopf und sieht irgendwie geschafft aus. Aber das ist schon Schnee von gestern, denn die halben Meter großen Figuren werden vom Rand gesammelt und neu aufgetischt.

Wir nutzen die Unruhe vor dem neuen Match und reihen uns ein in den Kreis der Spieler – auf die andere Seite des Felds. Der Araber und Gewinner der letzten Partie zündet sich gerade eine Zigarette an, als wir ihn zum Ausgang des Spiels befragen. Im Schneidersitz hat er auf der großen Steinkiste Platz genommen, die sonst die Figuren lagert. In gebrochenem Deutsch erklärt er uns geduldig welche Züge, ihn zum Sieger gemacht haben. Der arabische Schachmann heißt Sadiq und das Spiel hat er in der Heimat gelernt, in Afghanistan. Wie lange das her ist, weiß er nicht mehr. Wer all die anderen Schachmänner sind, kann er auch nicht so genau sagen. „Wir kennen uns alle von hier, jeder kommt, sobald er kann oder nach der Arbeit, um ein oder zwei Stunden zu spielen.“ Das neue Spiel startet, es wird leiser in der Runde. Noch hat jeder der beiden neuen Spieler alle Chancen zu siegen und die Zuschauer nicht viel Einwände was die ersten paar Züge betrifft. Während unseres Gesprächs wandert Sadiqs Blick immer wieder an uns vorbei kurz rüber zum Feld. Schach bedeutet für ihn Zeitvertreib, der Langeweile daheim den Rücken kehren und sich den 16 schwarzen oder weissen Figuren zuwenden. „Wir können sonst nichts anderes machen, alles kostet Geld.“, erzählt Sarwrai, der sich auch ins Gespräch eingeschaltet hat. „Frag mal die Leute hier,“ sagt er und zeigt in die Runde. „Keiner hat auch nur 10 Euro dabei.“ Als würden wir ihm das nicht glauben, zeigt er uns sein Portemonnaie vor, nur 2 rote Münzen und ein paar Karten sind darin zu sehen. Schach. Kurz Gejohle, anscheinend ein Fehler des jüngeren Mannes, der gerade seinen Bauer ein Feld nach vorne bewegt hat.

„Wir dürfen immer nur von 8 bis 8 abends spielen. Sonst ist es nicht erlaubt. Auch Sonntags ist jetzt hier geschlossen, weil wir die Ruhe stören würden“, erzählt Sarwrai. Die Männer um ihn herum steigen mit auf das Thema ein, wenden sich kurz vom Schach ab, murmeln, ärgern sich. „Da können die ja gleich die ganze Stadt sperren.“ Ein paar lachen und langsam versiegt die aufgeheitzte Stimmung über die Schachsperre wieder und fängt direkt Feuer für das aktuelle, jetzt viel schnellere Spiel.

Vor allem die Kirche würde sich gestört sehen, erzählen die Männer, es sei zu laut, wenn Sie hier spielen würden. Schach Matt. Auch diese Runde ist vorbei. Und schon werden die Figuren wieder emsig eingesammelt, aufgereiht, so wie sich die 2 neuen Spieler gegenüber voneinander aufreihen. Auf uns machen die Männer keinen lauten Eindruck. Trotzdem erzählt Josef, der zwischen zwei Bänken am Boden sitzt, dass es manchmal schon „heiß her gehen kann“. „Schach ist eben ein 2-Mann-Spiel. Hier stehen aber viele Spieler, die Schach mögen und noch lieber reinreden, wenn andere dran sind.“ So würde es immer mal zu Kappeleien kommen. Auf keinen Fall aber Handgreiflichkeiten – es ist ja nur ein Spiel, sagt er.

Sadiq, Josef und die anderen sind einverstanden als wir ein paar Bilder schießen. Sie machen Scherze und erkundigen sich bei uns, wieso wir sie all das fragen. Es ist angenehm zwischen den Schachmännern, angenehmer als vor ihnen zu stehen und stumm das Spielfeld zu betrachten. Zur Verabschiedung reichen uns viele die Hände, lachen uns zu – „bis zum nächsten Mal“ rufen sie uns hinterher. Chess mate.

Kick-Off

Exkurs:
Laut Wikipedia geht der Begriff „Derby“ im Zusammenhang von Mannschaftssportarten auf ein mittelalterliches „Sportereignis“ – das „Shrovetide-Fußballspiel“ – in England zurück. Teilnehmer waren Einwohner benachbarter Gemeinden des Dorfes Ashbourne in der Region Derbyshire. Bei dem Spiel des „derby village“ ging es darum, dass die Spieler versuchten, mit einem Ball das gegnerische Tor – einen Mühlstein – zu berühren. Die Entfernung der Mühlsteine zueinander betrug etwa 3 Meilen. Weder die Regeln des Spiels, noch die Zahl der Spieler (teilweise bis zu 1000 Teilnehmer) waren genau definiert. Das erste nachweisbare Fußballderby der Moderne wurde 1866 in Nottingham zwischen zwei der ältesten Fußballvereine der Welt ausgetragen, zwischen Nottingham Forest und Notts County.
Der Ausdruck „Derby“ wird heutzutage unterschiedlich gebraucht. Im deutschen Sprachgebrauch steht er meist für Spiele zwischen Vereinsmannschaften und wird mitunter auch synonym für ein allgemein prestigeträchtiges Traditionsduell verwendet.

 
Prestige? Tradition? Ist das so?
Wenn ich mich an den 02.August 2009 zurück erinnere, fallen mir die vielen Menschen wieder ein. Da wird was los sein auf dem Berg. So viel wusste ich schon vorher. Also dachte ich, ich häng mir die Kamera um den Hals und wir ziehen los.
Und noch nie war das Abdrücken so einfach. klick! hab ich dich im Kasten. Nahezu unsichtbar konnte ich zwischen den Menschenmassen hindurchschleichen um selbige einzufangen. klick! noch eins. klick-klick! Die Flut von Motiven floss nur so an mir vorbei.
Darf ich jetzt da hoch? – Bestimmt, die Menschen sind so in ihrem Flow, ohne rot-weißen Schal können sie mich jetzt eh nicht sehen. Zum Glück ist mir das Spiel egal. So kann ich mich aufs Wesentliche konzentrieren: