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Archiv für den Monat Februar 2014
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Binodon Bangla
Bengali /bɛŋˈɡɔːli/ or Bangla /bɑːŋlɑː/ (বাংলা Bangla [ˈbaŋla]) is one of the most spoken languages, ranked seventh in the world with about 220 million native and about 250 million total speakers.It is native to the region of Bengal which comprises present-day Bangladesh, the Indian state of West Bengal, and parts of the Indian states of Tripura and Assam, located in the eastern South Asia. It is written using the Bengali script.
– Wikipedia
Hard Facts. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich so gut wie nichts von der Sprache oder dem Land wusste, als ich letzten Sonntag zum Verein für Völkerverständigung ins Stadtteilbüro gegangen bin. Relativ spontan habe ich Herr Khan angerufen, der Vereinsvorsitzende, und in einem kurzen Telefonat um einen Besuch gebeten. Und so stand ich da, pünktlich zur ausgemachten Zeit vor dem Eckhaus auf dem Mathildenplatz. Die Glasscheiben ließen die Sicht auf eine Gruppe von Menschen an einem runden Tisch zu, diskutierend und für sich. Ich schaute von draußen rein in den orange-warm beleuchteten Raum, ein wenig wie ein Außenseiter. Durch Fotos schießen in der Dämmerung, versuchte ich Zeit zu schinden und meine Scham möglichst gekonnt zu verdecken. „Das wäre ja mega peinlich, da jetzt reinzugehen.“ waren meine genauen Gedanken und ich habe lange überlegt, wieder zu gehen. Nach einer viertel Stunde, einem gescheiterten Versuch Herr Khan telefonisch zu erreichen sowie unzähligen unscharfen Aufnahmen später, öffnete ich dennoch die Glastür.
Es war wie in einem dieser Filme, in denen die angeregten Unterhaltungen plötzlich mit dem Eintreten einer Person stoppen. Unangenehm, wie erwartet. Eine Gruppe von Menschen, hauptsächlich Männern, drehten sich zu mir um. Ich räusperte mich, ein wenig verlegen von den vielen Blicken, die auf mich eingeprasselt waren, und fragte nach Herrn Khan. Der lächelte bereits von einem hinteren Platz aus und hob die Hand um mich fröhlich zu begrüßen. Währenddessen sprang ein Mann neben mir auf und bot mir seine Sitzgelegenheit an. Aber schon war der Vereinsvorsitzende gekommen und leitete mich gleich durch den Raum zu einer etwas ruhigeren Ecke.
Er stellte mir eine Frau und einen Mann vor, die, so schien es, auf mich gewartet hatten. „Diese beiden werden mit Ihnen sprechen“, sagte Herr Khan in einem, wenn auch nicht akzentfreien aber dennoch sehr gutem Deutsch. Wieder erfuhr ich Zuvorkommenheit, denn die Dame, Afroza, bot mir Kaffee an und kam wenige Momente später und einem grünen Plastikbecher voll mit sehr süßem Heißgetränk wieder. Ich stellte mich vor und den Grund für mein Kommen. Erleichtert nahm ich wahr, dass sich die Minen der Beiden nicht verdüsterten – im Gegenteil sogar: In den zunächst eher ernst wirkenden Gesichtern, erkannte ich Wohlwollendes. Und so waren wir blitzschnell in ein Gespräch vertieft. Speed Interviewing, in der Büro Ecke des Stadtteilquartiers, ein bisschen abseits von der Menge. Der Verein für Völkerverständigung Binodon Bangla ist eine von mehreren Gruppen, welche das Stadtteilbüro am Mathildenplatz für Aktivitäten nutzt. „Binodon, das heißt Entertainment auf Bengali“, erklärte mir meine Gesprächspartnerin und dabei ist der Name Programm: Um die bengalische Kultur als Teil am Leben in Deutschland zu sichern, werden regelmäßige Treffen dazu genutzt, sich mit Verwandten und Freunden zusammenzufinden und in der Heimatsprache auszutauschen. Die Weiterbildung der Kinder spielt dabei eine besonders große Rolle. „Die Mädchen und Jungen singen zusammen traditionelle Lieder, spielen Theater und tanzen. Unsere Sprache bekommen Sie auch beigebracht.“, erzählte Afroza.
Der Unterricht wird von der Frau des Vereinsvorsitzenden ehrenamtlich angeboten. Rund 15 Kinder besuchte ich im Nebenraum, alle hatten Schreibhefte mit kringeligen Zeichen in der Hand, ruhig übertrugen sie Buchstabe für Buchstabe auf den College Block. Das eigene kulturelle Erbe wird also intensiv vertreten merke ich, dabei aber das deutsche nicht außer Acht gelassen. Afroza, die der Einfachheit halber auch Sonja genannt wird, erzählte mir ein bisschen. Von ihrer Vergangenheit und ihrem Weg, der sie von Kalkutta nach Offenbach führte, von Lernen und Leben in Deutschland. „2001 bin ich hergekommen. 2 Jahre später habe ich meine Ausbildung hier angefangen.“ Eine schwere Krankheit habe sie dann vorerst aus dem Berufsleben gezogen, sodass es ihr bis heute noch schwer fiele, sich wieder in der Branche einzufinden. Geschöpft hat Afroza in dieser schweren Zeit aus der Familie und dem muslimischen Glauben. Das Kopftuch hatte sie nach ihrer Genesung begonnen zu tragen, erst vor ein paar wenigen Jahren. Auch sonst war sie in traditionelle Kleidung gehüllt, einen türkisblauen „Umhang“, goldene Armbänder und einen Stein in der Nase. Aber nicht alle im Stadtteilbüro taten ihr nach: Die meisten vor Ort trugen lange Hosen, das Wetter sei für Röcke viel zu kalt! Außer Afroza war es nur Frau Khan, die sich der Ausbildung der Kinder im Nebenraum widmet.
Sie und ihr Mann sind von Anfang an mit dabei, „Das ist jetzt 10 Jahre her, der Start hiervon.“ erklärte mir Herr Khan als ich mich ein wenig mehr unter die Leute tummelte. Seitdem ist Binodon Bangla von Offenbacher Veranstaltungen wie dem Mainuferfest oder dem Fest der Kulturen nicht mehr wegzudenken. Das Mathilden-platzfest, das alljährlich im Sommer am Fuße der Marienkirche zu Musik und Bühnenprogramm einlädt, ist sogar von ebendiesem Verein ins Leben gerufen worden. Es sei schön, die eigene Kultur zu präsentieren, Gäste einzuladen und gemeinsam zu feiern. „Außerdem können wir mit den Essensverkäufen ein bisschen Geld verdienen.“ meinte Afrozas Mann. „ Wir haben keine Sponsoren, sondern wir selbst investieren in uns.“ Das nächste große Event ist das bengalische Silvester am 14. April, erfuhr ich. Binodon-getreu wird farbenfroh und actionreich im Ledermuseum gefeiert werden. Bengalische Köstlichkeiten wie Reiskuchen (ungebacken!) und abwechslungsreiches Programm, für das der Verein bereits zu proben beginnt, werden wie jedes Jahr einen schönen Rahmen für die Neujahrsbegrüßung geben.
Ich wusste nichts über Bangla, Bangladesh und die Menschen von dort. Auch jetzt nicht mehr als eine handvoll – trotzdem habe ich viel mitgenommen von meinem Besuch. Vor allem ein Gefühl von Willkommen sein, das mir von den Leuten von Binodon Bangla vermittelt wurde. „ Aufdrängen ist nicht unsere Art. Aber wenn jemand etwas lernen will, wenn jemand kommt, dann sind wir da.“ – sagte mir Afroza zum Schluss, als wir uns die Hand zur Verabschiedung reichten. Ich lächelte beim Verlassen des Eckhauses, sicher, dass ich beim nächsten Besuch keine Eintrittsschwierigkeiten haben würde.
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